Lehr- und Lernphilosophie am Fachbereich der Islamischen Theologie der PH Weingarten
Ein realistisches Wir und religiöse Mündigkeit
Eines der wichtigsten Ziele der islamischen Religionspädagogik an der Pädagogischen Hochschule Weingarten ist die Ausbildung zu einer mündigen reflektierenden Glaubenspersönlichkeit, die im Kontext der ethnischen und des religiösen Pluralismus in Deutschland heimatfähig und in der Lage ist, diese Werte an die Heranwachsenden verantwortungsvoll und selbständig weiterzugeben. Die Heimfähigkeit ist nicht nur eine innere Hinwendung zum Hier und Heute, zur Landesverfassung, sondern auch eine proaktive, soziale Zuwendung zum Nächsten, zur Gesellschaft und zum heimatlichen Deutschland insgesamt. Es wird hier somit ein neues „Wir“ etabliert, die über die religiöse Eingruppierung hinausgeht und der Realität eher entspricht.
Ein verantwortungsvoller Übersetzungsprozess
Ehrenvoll geht die islamische Religionspädagogik mit der islamischen Tradition um und übersetzt diese zugleich in die angemessene Form für unsere heutige Zeit. Die oft beschworene Eignung des Islams für verschiedene Zeiten und Kontexte einerseits und die Historizität der islamischen Primärquellen andererseits machen einen vernunftgeleiteten verantwortungsvollen Übersetzungsprozess der Tradition unvermeidlich, um der Islam-Tradition für heutige Menschen im heutigen deutschen Kontext zur fruchtbaren Entfaltung zu verhelfen.
Der Mensch mit Mittelpunkt
Im Mittelpunkt des Bildungsvorgangs steht daher der Mensch als würdevolles Wesen, abgesehen von seinem Geschlecht, Herkunft, Hautfarbe, Weltanschauung, Konfessionszugehörigkeit und sozialer Position. Eine Religion führt keine zufällige Eigen-Existenz vor sich hin, sondern existiert nur in Bezug auf den Menschen. Die religiöse Ausbildung dreht sich entsprechend um eben diesen Menschen als Subjekt, mit dem Gott dialogisch erhebend kommuniziert und ihm Mündigkeit und die Eigenverantwortung zugesteht. Die Freiheit des Menschen wird daher nicht nur als gottgewollt und sakrosankt angesehen, sondern auch als Folge und Manifestation der Mündigkeit dieses Menschen. Religion wird als Grundbedürfnis des Menschen angesehen und als ein relevanter Bestandteil der Lebensqualität, selbst wenn sie noch gesucht oder erst recht diskursiv gefunden werden soll.
Lernen und Verlernen als Ziele
Die islamische Religionspädagogik an der Pädagogischen Hochschule Weingarten wird nicht im Modus der konfessionalistischen Verengung betrieben, sondern in aller Offenheit und Kontingenz, die andere Möglichkeiten und andere Zugänge mitdenkt und postuliert. Von daher schöpft diese Pädagogik Kraft, nicht nur einen konstruktiven interreligiösen Dialog zu betreiben, sondern auch die Freiheit und das gleiche Recht anderer Konfessionen regelrecht und aufrichtig zu verteidigen und somit zur Friedensbildung und zur Demokratie-Fähigkeit beizutragen. Zu den Zielen einer solchen Religionspädagogik gehört daher auch neben dem Lernen des Eigenen das „Verlernen“ von mitgebrachten Verengungen jeglicher Art.
Heilige Schriften als Gesamtdiskurs
Die islamische Religionspädagogik sieht den Koran in einem dynamischen Dialog mit den Heiligen Schriften des Christentums und des Judentums und steht daher dafür, diese Schriften „mit einander“ und nicht „gegen einander“ zu lesen.
Alte und moderne Sozialisierungsformen
Und schließlich versteht sich die Islamische Religionspädagogik als eine Plattform für die Reflexion und die kritische Auseinandersetzung mit den diversen Mustern religiöser Sozialisierungen in Gemeinden, Familien, Freundeskreisen und in den vielfältigen Medien. Dazu gehören auch moderne Formen religiöser Individualität und hybrider Religiosität unserer Zeit.
Interdisziplinär
Wie jedes Fach der modernen Wissenschaften ist die islamische Religionspädagogik/ die islamische Theologie an der PH Weingarten nicht nur forschungsorientiert, sondern auch interdisziplinär ausgerichtet und steht in regem Dialog und in Kooperation mit anderen Hochschulen und Universitäten im In- und Ausland.